Das Leben ist (k)ein Spiel

"Mach ein Spiel draus" heißt das Kartenspiel von Mira und das fliegende Haus, das mehr Leichtigkeit in den Familienalltag bringen soll. Wir haben getestet, ob es hält, was es verspricht

Drinnen
Von Anna Biß, 05.05.2022 0 Kommentare

Jede Familie kennt sie: die kleinen Machtkämpfe um Alltagsdinge, die eigentlich niemand führen möchte, die im stressigen Familienalltag aber immer wieder vorkommen. Am Ende sind alle schon nach dem morgendliche Anziehen zermürbt, würden am liebsten wieder ins Bett gehen und den Tag nochmal von vorne anfangen. Die Kindermedienmacherin Mira sagt, das muss nicht sein, und hat sich ein Kartenspiel ausgedacht, was diese Spannungen abfängt und in Spaß umwandelt.

Die Idee von "Mach ein Spiel draus"

Es gibt vier verschiedene Karten-Arten: Was?, Wer?, Wie? und Warum? Ein Elternteil muss nun zunächst die Was?-Aktionskarten vorbereiten. Denn was bringt es, wenn das Kind "Fingernägel schneiden" zieht, aber eigentlich "auf Klo gehen" muss. Auf jeder Was?-Karte ist dann vermerkt, welche der anderen Kategorien dazugezogen werden können. Zum Beispiel ist bei der Karte "Haare waschen" das Wie und das Wer variabel, aber natürlich nicht der Ort (Wo?), an dem die Aktion stattfindet.

"Mach ein Spiel draus" von Mira und das fliegende Haus
"Mach ein Spiel draus" von Mira und das fliegende Haus liefert auf 100 Karten Impulse für den Familienalltag

Die Macher*innen

Mira ist alleinerziehende Mutter, systemische Familienberaterin, Musikerin und einfach echt cool. Außerdem ist sie mit ihren zahlreichen Kindermedien-Projekten vom Podcast bis zum Film inzwischen ziemlich berühmt geworden und auch als "moderne Pippi Langstrumpf" bekannt. Alles dreht sich dabei rund um ihre Vision von Frieden, Empathie und Achtsamkeit, insbesondere gegenüber Kindern, Bewusstsein, Miteinander und Umdenken.

Mit Ihrem Team aus "dem fliegenden Haus" hat sie zuletzt nun auch dieses Spiel auf den Markt gebracht, dessen Idee bei mir sofort einen Nerv getroffen hat!

Unser Spieletest: "Mach ein Spiel draus"

Das Erste, was – nach der wirklich guten Idee – an dem Spiel auffällt, ist der stolze Preis. Wir wissen aus eigener Erfahrung: Papier ist teuer und als kleines Unternehmen muss man höhere Preise verlangen als große Verlage. Dennoch musste ich gewaltig schlucken als ich gesehen habe, was das Spiel kostet: 29 Euro!

Damit legen Mira und ihr Team die Messlatte gewaltig hoch, was meine Erwartungen daran betrifft. Ehrlich gesagt, hätte ich es eben deshalb auch nicht gekauft, wenn meine Verzweiflung nicht schon ziemlich groß gewesen wäre. Jeden Morgen vor der Kita und am Abend vor dem Schlafengehen Streit ums Anziehen, Frühstücken, Zähneputzen – und dieses Spiel verspricht, all das leichter zu machen?! Wenns wirklich funktioniert, wäre mir das wiederum das Geld wert. Also Augen zu und durch!

Hier kommt unser Resümee nach zwei Wochen intensivem Praxistest mit einem gefühlsstarken Vierjährigen:

Das finden wir gut

In jedem Fall: die einfache Spielidee mit großer Wirkung. Das Spiel macht aus unliebsamen Dingen wie Zähneputzen etwas Cooles und fördert die Kreativität aller Mitspielenden. Denn wie geht wohl ein Ritter auf einem Bein auf Klo? Puh, manche Aufgaben vor die das Spiel uns stellt, erfordern ganz schon Einfallsreichtum!

Gut finden wir auch, wie einfach sich das Spiel an den eigenen Familienalltag anpassen lässt. Geht das Kind noch nicht zur Schule, können entsprechende Karten (beispielsweise "Hausaufgaben machen") einfach rausgelassen werden. Wir haben gleich am Anfang alle für uns "unpassenden" Karten aussortiert und es blieben immer noch genug über – denn Mira liefert hier wirklich viele Impulse. Außerdem sind je Kategorie fünf leere Karten dabei, die mit eigenen Ideen gefüllt werden können.

Unser Testkind im Kindergartenalter haben wir außerdem entscheiden lassen, wie viele und welche Karten es zur Aktionskarte dazu ziehen wollte. Tatsächlich hat es in dieser Altersstufe mit nur einer oder maximal zwei zusätzlichen Karte(n) am Besten funktioniert. Am Schwierigsten umzusetzen, beim Kind aber trotzdem am beliebtesten, waren die Wer?-Karten.

Was wir im Alltag mit dem Spiel wirklich als Erleichterung empfunden haben, ist, dass es, dem Kind wie dem Erwachsenen, Entscheidungen abnimmt. Denn es macht natürlich einen gewaltigen Unterschied, ob Mama oder Papa sagen: "Zieh Dich jetzt bitte an!" oder ob das Spiel es vorgibt.

Witzig sind auch die Hitzefreikarten, bei der die Aktion dann einfach ganz ausfällt. Da muss man sich als Elternteil, je nach geplanter Aktion, vorher gut überlegen, ob die Karte im Spiel bleibt. Denn ist sie einmal gezogen, gibt es natürlich kein Zurück mehr!

Das könnte besser sein

Ganz klar: Die Verpackung! Wir finden sie für ein Spiel, das – wenn es gut ankommt – mehrmals täglich in Gebrauch ist, sehr friemelig. Gefehlt hat uns eine Art Kartenhalter mit festen Fächern für die vier Stapel, mit dem man das Spiel von A nach B tragen kann und im Alltag, wo es ja zum Einsatz kommt, mitnehmen kann. Denn eins haben wir gemerkt: Wenn die Kinder es mögen, muss für ALLES eine Karte gezogen werden! Wäre es etwas praktischer verpackt und ein passender Kartenhalter o.ä. dabei, fänden wir den hohen Preis auch deutlich angemessener.

Die Illustrationen bzw. den Mira-Stil muss man mögen, das ist aber natürlich wirklich reine Geschmackssache. Kindgerecht sind sie in jedem Fall und auch der Vierjährige hatte keine Probleme, die abgebildeten Dinge zu erkennen.

Fazit zu "Mach ein Spiel draus"

Ein Spiel mit toller Grundidee, das an Stellen helfen kann, an denen es im Alltag immer wieder Konflikte gibt. Außerdem bietet es gute Impulse für eigene Ansätze und kann sich, wenn es gut läuft, verselbstständigen, sodass man die Karten am Ende gar nicht mehr braucht.

Wichtig ist, dass sich beide Seiten, Eltern und Kinder, darauf einlassen und da hat es bei uns tatsächlich manchmal gehakt. Situationen, in denen die "Hoheit" des Spieles nicht anerkannt wurde, können aber auch dem relativ jungen Alter unseres Testkindes geschuldet sein. Wir haben in Fällen wie: "Nee, ich will kein Rennauto sein!", einfach noch eine Karte gezogen und im Zweifel auch noch eine und noch eine ... Die zweijährige Schwester hat für das Spiel übrigens noch kaum Interesse gezeigt, abgesehen vom Karten klauen ;).

Leider war das Spiel in unserem Testlauf schnell durchgespielt. Nach gut zwei Wochen, in denen es allerdings auch mehrmals täglich im Einsatz war und vom Kind eingefordert wurde, kam immer häufiger der Einwand: "Das hatten wir schon". Daher war es ein eher kurzes, dafür aber sehr teures Vergnügen. Es müssen also wieder neue Ideen oder noch mehr (eigene) Karten her!

Wir werden es aber bestimmt immer mal wieder hervorholen, um aus unserem Leben – zumindest für einen kurzen Moment – doch eine Party zu machen.

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