Buch-Tipp: "Und was fühlst du, Känguru?"

Nora Imlau schreibt nicht nur Erziehungsratgeber für Eltern, sondern auch tolle Bücher für die Kinder selbst. Trotzdem spricht ihr "Mutmachbuch für gefühlsstarke Kinder" auch auf besondere Weise deren Eltern an

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Von Anna Biß, 19.04.2023 0 Kommentare

Hä, Gefühle haben wir doch alle?! Ja, aber manche durchleben alle Emotionen eben intensiver als andere. Die Journalistin, Buchautorin und Mutter Nora Imlau hat deshalb insbesondere mit ihrem Buch "So viel Freude, so viel Wut", den Begriff der "Gefühlsstärke" geprägt.

Nora Imlau: "Und was fühlst du, Känguru?"
Nora Imlau / Lisa Rammensee: "Und was fühlst du, Känguru? Ein Mutmachbuch für alle gefühlsstarken Kinder." Ab 2 Jahren. ISBN 978-3-551-17180-1, Carlsen

Buch: "Und was fühlst du, Känguru? Ein Mutmachbuch für alle gefühlstarken Kinder"

Dieser Strudel an heftigen Emotionen ist nicht nur für die gefühlstarken Kinder selbst manchmal ganz schön anstrengend. Auch ihre Eltern und Geschwister kommen immer wieder an ihre Grenzen, diese starken Gefühle im Alltag zu begleiten, auszuhalten und nicht als Problem zu betrachten oder gar zu "bestrafen". Da setzt dieses Kinderbuch an, dass Kindern, die immer wieder von ihren Emotionen überrollt werden, ebenso wie ihren geforderten bis überforderten Eltern zeigt: ihr seid nicht allein! Wie auch Nora Imlaus Ratgeber vermittelt es beiden die Botschaft, dass jedes Gefühl und sei es noch so stark, seine Berechtigung hat: "Riesenfreude, Riesenwut, ich fühle viel – und das ist gut!"

Darum geht's

Für das kleine Känguru Quirin ist der ganze Tag eine Achterbahnfahrt der Gefühle: morgens reizt es ihn zu Tränen, dass seine Eltern nicht so schnell aufstehen, wie er es möchte. Ein leckeres Frühstück lässt ihn vor Freude jauchzen, das Anziehen von kratziger, pieksiger Kleidung und Losgehen sollen zum Kindergarten bringen ihn zur Weißglut. Die Stadt ist ihm zu laut, die Sonne zu hell, aber das Herumtoben mit seinen Freunden auf dem Spielplatz macht ihn doch so glücklich – wie soll er das alles bloß zusammenkriegen? Zum Verzweifeln, oder nicht?! Zum Glück schafft es seine Mama, ihn zur Ruhe zu bringen. Schließlich hat sie ja einen Beutel ... 

Das finden wir gut

Es gibt nicht viele Bücher für die Altersgruppe 2+, die Kindern wie Erwachsenen gleichermaßen gefallen. Aufgrund von Nora Imlaus Sprachgewandtheit und den niedlichen Illustrationen von Lisa Rammensee macht es aber auch richtig Spaß, die Geschichte von Quirin vorzulesen. Hier haben wir endlich mal ein gereimtes Kinderbuch, bei denen die Reime nicht so konstruiert sind, dass sie zumindest dem vorlesenden Erwachsenen gehörig auf den Keks gehen.

Bei uns liest es auch der "Große" mit seinen fünf Jahren noch gerne, obwohl er eigentlich schon fast zu alt dafür ist. Aber irgendetwas scheint ihn als höchstwahrscheinlich gefühlsstarkes Kind besonders anzusprechen. Auf die Frage, die auch Quirin im Buch stellt: "Und was fühlst du?", antwortet er stets kurz und knapp: "Wie Quirin." Die kleine, eher nicht gefühlstarke Schwester (3) mag es ebenfalls gerne. Ihr scheint vor allem die Darstellung der Familie bzw. des Familienalltags zu gefallen. Uns Eltern hält das Buch einen Spiegel vor, im Guten wie im nicht so Guten, stärkt das Verständnis fürs Kind und bietet uns eine kleine Hilfestellung, wenn es im Alltag mal brenzlig wird.

Wir finden uns also alle – das gefühlstarke Kind, das Geschwisterkind und die Erwachsenen – irgendwie im Buch wieder.

Das könnte anders sein

Auch, wenn wir die Känguru-Familie sehr mögen und wir für eine gute Wahl halten (mit dem Beutel als Sinnbild für Tragen / Geborgenheit) – für ein kleines Kind kann es schwer sein, die Brücke von der Geschichte zu sich selbst zu schlagen. Insbesondere dann, wenn seine Lebenswelt sich vielleicht deutlich von der Quirins unterscheidet. Wir haben aber auch keinen Vorschlag, wie es besser hätte gelöst werden können, außer vielleicht, die abgebildete Umgebung etwas austauschbarer zu gestalten. Wir empfinden das Buch sehr auf Kinder ausgerichtet, die in einer größeren Stadt leben.

Und eine Frage bleibt im Buch wirklich offen: Wie bringe ich ein wütendes, gefühlsstarkes Kind dazu, sich anzuziehen? Denn wer genau hinsieht, stellt fest, dass Quirin nachdem der Anziehversuch gescheitert ist, ohne Kleidung in Mamas Beutel und durch den Tag hüpft. Nun sind unsere Kinder aber ja leider keine Kängurus ...

Fazit

"Und was fühlst du, Känguru?" braucht eigentlich keine Empfehlung mehr, denn es steht längst auf den Bestsellerlisten – zurecht wie wir finden und deshalb bekommt es sie trotzdem. Es stimmt, es ist ein Mutmachbuch für gefühlsstarke Kinder, aber mindestens genauso sehr für ihre (oft an sich) zweifelnden Eltern und andere Erwachsene, die mit ihnen zu tun haben. Wir wünschen uns jetzt nur noch eine Fortsetzung für etwas ältere Kinder. Denn auch, wenn sie mit der Zeit vielleicht lernen, mit ihren starken Emotionen umzugehen (auch ohne Mamas Beutel), gehen die Gefühle ja nicht weg – und das ist gut!

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Weiterlesen: Was weinst du denn so viel, kleines Krokodil? Ein Mutmachbuch für alle feinfühligen Kinder

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