Mit Kind und Segel

WARUM!-Herausgeber Thorsten Höge verbringt mit seiner Familie fast jeden Urlaub auf dem Wasser. Hier berichtet er vom ersten längeren Segel-Törn mit seinen beiden Kindern

Draußen
Von Thorsten Höge, 30.06.2022 0 Kommentare

Der WARUM!-Herausgeber Thorsten Höge und seine Frau Anna sind leidenschaftliche Segler und konnten es kaum erwarten, ihre Töchter Lenya und Mayla mit an Bord zu nehmen. Den ersten längeren Törn unternahmen sie als die beiden vier und sieben Jahre alt waren in der Dänischen Südsee.

Unsere Familienreise: Mit dem Segelboot auf der Ostsee

Segeltörn mit Kindern
Klar machen zum Entern: Mayla und Lenya bewegen sich an Bord schon bald so sicher wie an Land.

"Da! Dort ist er wieder!" – grau pflügt eine kleine, dreieckige Rückenfinne durchs Wasser und dann, direkt vor dem Bug, springt er: ein Wal, ein echter Wal! Die Kinder jubeln. Wir segeln durch die sogenannte Dänische Südsee, und auch, wenn sich Südsee nach Riesen-Fischen anhört, so bleiben die in Dänemark eher klein. Wir sichten zwar tatsächlich einen Wal, es ist aber ein Schweinswal. Maximal eineinhalb Meter lang wird der hier. Dennoch: Umschwimmt so ein Tümmler elegant das Boot, dann geraten nicht nur die Kindern in helle Aufregung.

Unterwegs sind wir mit Mathilde, unserem Segelboot vom Typ Spaekhugger. Übersetzt heißt die dänische Typbezeichnung des Bootes: Orca, Schwertwal. Passt also. Mathilde ist siebeneinhalb Meter lang und zweieinhalb Meter breit. Zu viert haben wir soviel Platz in der Kajüte, wie vergleichsweise in einem VW-Campingbus.

Drei Wochen ist Mathilde unser schwimmendes Zuhause in der Inselwelt der Dänischen Südsee, dicht hinter der Grenze zu Deutschland. Hier gibt es unzählige süße, kleine Häfen und Buchten, in denen man Ankern kann.

Kinder auf Segelboot mit Rettungswesten
Sicherheit ist wichtig: Bei kabbeliger See sind die Mädchen durch Rettungswesten geschützt

Für Landratten: So ein Boot wie Mathilde ist zwar ziemlich klein, es ist aber trotzdem ziemlich sicher. Unten am Rumpf hängt ein Kiel mit viel Eisen als Ballast drin. Dieser Kiel richtet uns immer wieder auf, wenn Wind und Welle uns auf die Seite drücken. Jedes Mal, wenn Böen oder eine See uns hin- und herschwingen lassen, jauchzen die Kinder. Sie kullern unter Deck in der Kajüte von einer Seite der Koje auf die andere und amüsieren sich königlich. Sind sie draußen, dürfen sie beim Steuern helfen oder werden bei Manövern eingebunden.

Überall riecht es nach Salzwasser und Abenteuer, wie bei Pippi Langstrumpfs Südseekönig-Papa. Nach drei Wochen Urlaub steigen zwei Piratinnen von Bord, die in der ganzen Zeit nicht einmal nach einem Fernseher gefragt haben.

Segel-Törns mit Kindern

  • Unsere Strecke (3 Wochen): Kreuz und quer durch die Dänische Südsee
  • Charter: Stützpunkte für die Dänische Südsee z. B. in Flensburg (charterzentrum.de) oder auf der Insel Als (yachtcharterdanemark.de); eine Woche ab ca. 1.000 Euro / Boot
  • Segel-Törns für Familien: in der Flotille, z. B. in Kroatien (sarres.de) oder Griechenland (master-yachting.de); ab ca. 1.500 Euro pro Boot / Woche (Nichtsegler*innen können Schiffe mit Skipper*in buchen)

Abgelegt haben wir am ersten Tag in Sønderborg, einer kleinen Stadt mit einem schönen Schloß, das man auch besichtigen kann. Hier liegt im Sommer gerne auch die dänische Königin mit ihrer traditionellen Motoryacht. Dann geht es durch einen kleinen Sund zu zahlreichen kleinen Inseln mit lustigen Namen: Årø, Omø, Agernæs ... Direkt am Hafen liegt fast immer ein schöner Strand, den die Kindern nach den nicht allzu langen Tagesetappen erobern.

Achtung: Kleine Piratinnen an Bord!

Der Däne schwärmt gern von seinem „hyggeligen“ Dasein und seiner Natur. Heißt soviel wie gemütlich, beschaulich. Will man aber nicht wirklich übersetzen, weil „hyggelig“ viel schöner klingt. Wind und Wetter treiben uns vor sich her, wir haben kein klares Ziel und segeln Zick-Zack zwischen den Inseln.

Bläst der Wind zu stark, bleiben wir im Hafen. Regnet es, versuchen wir nach dem Blick auf den Wetterbericht schnell in den Hafen einer größeren Stadt zu segeln, um dort auch bei Mistwetter etwas unternehmen zu können. Unsere kleine Kajüte kann man mit einer Persenning erweitern, sodass wir eine Art Vorzelt haben. Nasse Klamotten ziehen wir hier aus, sodass es unter Deck schön trocken bleibt.

Zugegeben: Ein Segeltörn ist kein klassischer Urlaub. Man benötigt einen Segelschein (gar nicht so schwer ...). Man braucht ein Boot (gar nicht so teuer, wie die meisten denken). Aber dann auch nicht mehr viel. Eine Kombüse mit Herd hat man an Bord, das Hotelzimmer quasi ebenfalls.

Ich habe das für uns durchgerechnet: Ist das Boot einmal angeschafft, zahlt man im Jahr für eine Mathilde circa 2.500 Euro an Gebühren für einen festen Heimathafen-Liegeplatz und Unterhalt. Dafür verleben wir schönste Sommerferien auf ihr, die uns im Prinzip nur das Essen und kleine zusätzliche Übernachtungsgelder in den besuchten Häfen kosten (12 bis 18 Euro). Wenn wir als vierköpfige Familie einen dreiwöchigen Hotel-Urlaub in den Sommerferien machen wollten, würden wir mehr ausgeben. Außerdem haben wir mit Mathilde quasi ein Sommerhaus, das wir auch außerhalb des Urlaubs an Wochenenden nutzen können…

Wir laufen unterdessen in Årøsund ein. Im Hafen gibt es, wie so oft, kostenlose Leihfahrräder, mit denen wir zu nahe gelegenen Supermärkten radeln können. Da Lebensmittel in Dänemark teuer sind, haben wir unsere Mathilde vollgebunkert mit Sachen, die wir aus Deutschland mitgebracht haben.

Die Kinder sind schon wieder weg – mit anderen Mädchen, die sie auf dem Steg kennengelernt haben, geht es zum Krebse fangen. Abends, beim Sonnenuntergang mit Blick übers Meer und die Inseln liegen die glücklichen Eltern, die Beine hoch, im Cockpit ihres Bootes und denken: Kinder, kann es ein schöneres Abenteurerleben geben?

Tipps: Auf hoher See mit Kindern

  • Das Ziel ist, kein Ziel zu haben: Gerade mit Kindern sollte man sich eher treiben lassen und je nach Wetter von Tag zu Tag entscheiden.
  • Kinder einbeziehen – kleine Aufgaben (Fender halten, bei ruhiger See steuern, Wassertiefe auf dem Echolot nachschauen) machen sie zu stolzen Kapitänen.
  • Sonnenhut, UV-dichte Kleidung und wasserfeste Sonnencreme: Vor allem das Gesicht muss stets geschützt werden, auch bei bedecktem Himmel!
  • Schwimmwesten nie zu groß kaufen! Besser als Schwimmhilfen sind Feststoff-Rettungswesten, die auch den Kopf über Wasser halten.
  • Auch im Hafen sollten die Schwimmwesten nicht abgelegt werden, wenn die Kinder alleine über die Stege laufen.
  • Verabredungen mit anderen Familien: In den Häfen schließen Kinder schnell Freundschaft. Die Freude ist groß, wenn sie sich auf der Tour wiedertreffen.
  • Kescher, Eimer, Krebsangel – und die Kinder sind auch an Land beschäftigt.
  • Hörbücher und Kopfhörer helfen, auch längere Strecken unter Deck zu überstehen.

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